Ein Gespräch über Arbeitgebermarken, Zielgruppen und Ehrlichkeit im Recruiting
Interview • Lesezeit: 5 Min.
Schwierige Marken, Umgang mit Schwächen und effektives Blue-Collar-Recruiting auf Messen: John Lotz hat in seiner jahrelangen Berufslaufbahn viel gelernt. In diesem Interview teilt er sein Wissen mit uns und gibt Tipps für ehrliches Unternehmens-Branding und Recruiting auf Jobmessen.
Nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaft folgten für John Lotz verschiedene Stationen bei Personalberatungen. Bei der Unternehmensberatung Promerit kam er das erste Mal mit der WISAG in Berührung: 1 1/2 Jahre lang entwickelte er als Externer deren Arbeitgebermarke mit. Nun arbeitet er seit 8 1/2 Jahren bei der WISAG und ist mittlerweile für das Recruiting und die Weiterentwicklung von Führungskräften verantwortlich.
Lieber Herr Lotz, Sie waren zuständig für die Erarbeitung der Arbeitgebermarke von WISAG. Wie sehen bei so einer großen Aufgabe die ersten Schritte aus?
Ich verfolge da den klassischen Ansatz, wie Ihn z. B. Prof. Armin Trost vertritt. Er ist einer der führenden Köpfe im Personalbereich. Um die Marke eines Unternehmens neu zu definieren, setzt er auf Mitarbeiterbefragungen. Dabei ist besonders wichtig, dass die Aussagen im Originalwortlaut verwendet werden. Diese Mitarbeiteraussagen werden schließlich verdichtet und bilden die Basis für die neue Brand der Firma.
Denn das Ziel ist ja, das wahre Wesen des Unternehmens zu finden. Wie sind wir, wer sind wir und was macht uns aus? Das können nur diejenigen, die es jeden Tag erleben! So geht man langsam vor, erst von intern nach extern, von innen nach außen. Schließlich sollen sich die Mitarbeiter am Ende mit der Unternehmens-Marke identifizieren können. Sonst versteht der Mitarbeiter sein eigenes Unternehmen nicht mehr.
„WISAG - unsere Werte bewegen“ ist der Kern der Arbeitgebermarke. Die Markenwerte „Wertschätzung“, „Einsatz“ und „bunt“ stehen an erster Stelle. Das ist ein Grundsatz, den sich in allen Bereichen wiederspiegelt: Wir bewegen unsere Mitarbeiter, sie können sich entwickeln und wir unterstützen sie dabei. Auch eine unserer Visionen, nämlich bevorzugt Führungskräfte aus den eigenen Reihen zu rekrutieren, zählt zu diesem Leitsatz. Außerdem vertreten wir eine Macher-Kultur und geben diese Mentalität auch an unsere Mitarbeiter weiter. Auf emotionaler Ebene möchten wir unsere Kunden bewegen und sie unterstützen.
Sind für Sie als Recruiter Jobmessen und -Veranstaltungen noch relevant, oder läuft alles online?
Ja, wir sind selbstverständlich auf Jobmessen und Recruiting-Events, ziemlich viel sogar! Allerdings gibt es da ganz klar Modelle, die für uns besser funktionieren als andere. Veranstaltungen, auf denen z. B. Schüler oder Absolventen nur herumlaufen, sich alle Unterlagen einsammeln und wieder gehen sind meistens nicht sehr erfolgreich für uns. Da kommt man schwer ins Gespräch, weil sich die Besucher von vermeintlich attraktiveren Markennamen und bekannten Unternehmen anziehen lassen.
Unsere Stärke liegt im Gespräch mit den Bewerbern. Darum gehen wir bevorzugt auf Messen, bei denen die Besucher im Vorhinein Gespräche mit den Ausstellern vereinbaren können. Wieso das für uns so wichtig ist, wird am Beispiel unserer Ausbildungsstellen in der Gebäudereinigung deutlich: Wenn ein Schüler das hört, hat das natürlich sofort erst einmal ein negatives Image. Das wollen eher wenige machen. Wenn wir dann aber mit ihm darüber sprechen können, haben wir die Möglichkeit, ihm das Drumherum zu erklären: Dass direkt nach der Ausbildung die Möglichkeit besteht, ziemlich schnell eine Führungskraft zu werden und für die Organisation und Strukturierung der anderen Mitarbeiter verantwortlich zu sein. Dass Azubis bei der WISAG also die Möglichkeit bekommen, schon mit Mitte, Ende 20 15 bis 20 Personen zu führen. Und das ganz ohne Studium, vielleicht sogar „nur“ mit einem Haupt- oder Realschulabschluss.
Sowas lässt sich nur über direkte Gespräche kommunizieren, und das klappt auf Messen. Sie bieten Konzepte, wo wir mit Menschen in Kontakt treten können und die Möglichkeit haben, Geschichten zu erzählen.
Wie sprechen Sie auf Recruiting-Events Ihre Zielgruppen an?
Wir haben erst einmal ganz normale Messestände. Wir kreieren keine riesigen Show-Events, denn das passt nicht zur WISAG. Denn gerade im Dienstleistungsgewerbe, aber eigentlich auch überall sonst, muss es zwischen Mitarbeiter und Unternehmen einfach passen. Wenn wir auf der Messe ein riesen Event veranstalten würden und das bei der alltäglichen Arbeit in sich zusammenfällt, sind alle enttäuscht. Wir wollen ja kein falsches Bild vermitteln.
Damit wir das richtige Bild vermitteln, setzen wir z. B. auf ein gemischtes Team, das aus den unterschiedlichen Gewerken stammt. Was auch hilfreich ist und zugleich neugierig macht, sind Ausstellungsstücke! Wir nehmen z. B. gerne eine Klimaanlage mit, an der gut erklärt werden kann, worum es im Beruf so geht. Für den Bereich Sicherheit haben wir auch ein spezielles Fenster auf dem Messestand und die Besucher bekommen die Aufgabe, es irgendwie zu öffnen. Unsere Mitarbeiter aus der Landschaftspflege zeigen z. B. Pflasterarbeiten und erklären, worauf es dabei ankommt.
Solche Aktionen funktionieren aber natürlich nur, wenn ein Bezug zu dem besteht, was tatsächlich gemacht wird. Dann helfen solche Aktionen, um den Besuchern von Anfang an zu vermitteln, wer man als Unternehmen ist und wofür man steht. Und dadurch auch direkt die passenden Bewerber anzusprechen.
Es gibt ja auch schwierige Marken. Haben Sie einen Tipp, wie diese sich präsentieren können, ohne alles rosarot anzumalen und so zu tun, als wäre alles gut?
Man muss authentisch bleiben und auch zu Schwächen stehen. Die sind ja da, daran kann man nichts ändern. Außerdem muss man wissen, wen man als Bewerber bzw. Mitarbeiter haben will. Man wird die Welt, in der man rekrutiert, nicht ändern können. Darum muss man sich darauf einlassen und mit ihr umgehen.
Ein Beispiel aus unserem Arbeitsalltag: Wir sind aus dem Dienstleistungsbereich und da ist klar, dass die Arbeit intensiv ist. Da machen wir auch kein Geheimnis draus. Wer hier arbeitet, muss viel Einsatz zeigen. Das steht so auch schon in der Stellenausschreibung. Denn wer sich damit nicht identifizieren kann und für wen das nicht in Frage kommt, der sollte lieber eine andere Tätigkeit ausüben.
Zudem muss man immer bedenken: Sogenannte „Schwächen“ haben ja auch immer Vorteile. Bei uns wird man sehr gefordert und muss intensiv arbeiten, aber gleichzeitig haben unsere Mitarbeiter sehr viele Freiheiten. Das spricht wiederum viele Menschen an, die sich genau so etwas von einem Arbeitsplatz wünschen.
Es ist auch kein Geheimnis, dass man als Dienstleister nicht die allerhöchsten Gehälter bekommt. Bewerbern etwas vorzugaukeln macht da auch keinen Sinn, den einen, der nur wegen des Geldes kommt, der passt meist nicht zu uns und wird hier auch nicht glücklich.
Vielen Dank Herr Lotz für dieses spannende Interview!
Noch mehr Experten-Tipps für den Recruiting-Alltag finden Sie in diesem White Paper. Hier geben wir am Beispiel von ALDI Nord, der Deutschen Bahn AG, Storck und der OTTO (GmbH & Co KG) 7 Tipps für HR-Messestände:
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LA CONCEPT wünscht viel Spaß beim Lesen!